Hütten des 11. - 13. Jhs. n.Chr.

 

Riefenbach – technische Neuerungen setzen sich durch

 

Im Frühjahr 1990 wurde bei Holzrückearbeiten am Riefenbach, ca. 5km südlich Bad Harzburg, in der Nachbarschaft eines beispielhaft erhaltenen Platzmeilers die Bodenbedeckung beschädigt. Die dabei ans Tageslicht beförderten Schlacken und Keramik der frühen Neuzeit veranlaßten den zuständigen Revierbeamten, die Denkmalpflege einzuschalten. Eine kleine Sondierungsgrabung im Sommer 1990 führte zu dem Entschluß, im darauffolgenden Jahr 1991 das gesamte Areal auszugraben.

Die Fundstelle liegt auf der hochwasserfreien Terrasse über dem Riefenbach am Rande des Riefenbruchs. In der unmittelbaren Umgebung befinden sich 3 weitere Schlackenplätze, von denen einer auf Grund der C14-Daten in die Bronzezeit datiert wird.

Auf dem nahen Bergkamm verläuft der bereits für das 17.Jh. nachweisbare Fernweg Harzburg - Clausthal/Zellerfeld. Auf der alten Karte zweigen von diesem Weg Stichwege zum Riefenbach hin ab, ohne daß allerdings die Fundstelle verzeichnet wäre.

Vor Beginn der Grabung konnte von der Fundstelle ein exakter Höhenschichtenplan vermessen werden, aus dem die örtliche Kleintopographie bis hin zu abgeflachten Stellen, vermuteten Ofenstandplätzen, erkennbar wird.

 

In der 5-monatigen Grabungskampagne wurde in einer Fläche von ca. 120m2 im Rahmen einer Arbeitsbeschaffungsmaßnahme erstmals ein Verhüttungsplatz in seinem zentralen Bereich komplett ausgegraben. Überraschend ergab sich eine klare stratigraphische Trennung der frühneuzeitlichen Überreste des Holzkohlemeilers und der darunter liegenden Schmelzhütte, die anhand von Keramikfunden in das frühe 12. Jh. zu datieren ist.

Die Hütte weist mehrere Funktionsbereiche auf. Randlich befindet sich eine als Hauswand zu interpretierende Pfostensetzung. In Holz gefaßte Wasserrinnen mit beckenartigen Erweiterungen dienten der Aufbereitung u.a. des Erzes. Im Verlauf eines dieser Gerinne konnten hintereinander zwei aufgeständerte kleine hölzerne Waschtröge dokumentiert werden. Drei im Basisbereich teilweise hervorragend erhaltene Öfen dienten zum Ausschmelzen des Erzes. Sie wurden durch aufwendig gebaute Kanäle mit Luft versorgt und zeugen mit ihrer Konstruktion von einem hohen technischen Standard der Hüttenleute.


Rekonstruktionsversuch des "Rammelsberg.Ofens" des 12. Jhs.


Im Augenblick bietet sich für die Fundstelle eine Interpretation als saisonal betriebene Buntmetallhütte an, die zu Beginn des 12.Jhs. für nur wenige Betriebsperioden, vielleicht nur einen Sommer lang, aufgesucht wurde. Es bleibt nun abzuwarten, ob sich aus der gefundenen Schlackenmenge von ca. 600kg berechnen läßt, wieviel Metall die Hütte mindestens produziert haben muß und wieviel Holz zur Herstellung der für den Schmelzprozeß notwendigen Holzkohle benötigt wurde. Möglicherweise war hierdurch der Wald in der nächsten Umgebung so erschöpft, daß das Holz aus einer unwirtschaftlichen Entfernung hätte herangeschafft werden müssen und daher die Hüttenleute lieber den Schmelzplatz in einen noch holzreicheren Abschnitt verlegten. Mehrere bekannte Schlackenplätze in der Umgebung könnten in eine solche Abfolge gehören.

Lothar Klappauf und Friedrich-Albert Linke

 

 

Rammelsberg-Hütte des 12. Jahrhunderts am Huneberg

 

Seit dem 8. Jh.n.Chr. lassen sich  bereits jetzt verschiedene Änderungen in den Hüttenprozessen und in den Wirtschaftsstrukturen erkennen.

Noch überhaupt nicht geklärt sind die Umwälzungen, die global verändernd auf die Wirtschafts– und Sozialstrukturen im 12./13. Jh. wirkten, indem technische Neuerungen zu erhöhter Produktion führten, Landflucht zur Neugründung von Städten Anlaß gab und kritische Auseinandersetzungen mit dem erstarrten Gedankengut um sich griffen. Zur Klärung dieser auch im Berg- und Hüttenwesen des Harzes einschneidenden Zeit kann die großflächige Ausgrabung des Schmelzplatzes am Huneberg bei Torfhaus beitragen.

 Die erste Nennung des Schmelzplatzes an der Hune ist auf den Geologen A.Bode zurückzuführen, der 1928 die Ergebnisse einer Kartierung alter Hüttenplätze im Harz vorstellte. Im Jahre 1978 waren es historisch interessierte Heimatforscher, unter ihnen der Lehrer Hans Schmidt aus Bad Harzburg / Schlewecke und Dipl. Ing. Karl-Wolfgang Sanders aus Bad Harzburg die diese Fundstelle mit langen Gräben sondierten und dabei auf Schmelzofenrelikte stießen. Die freigelegten Befunde wurden von ihnen vorbildlich dokumentiert und danach wieder zugeworfen. In einem Aufsatz veröffentlichte Gerhard Laub 1980 einen Ofengrundriss in der Zeitschrift des Harzvereins für Geschichte und Altertumskunde. Die Zusammenarbeit mit ehrenamtlichen Heimatforschern ist für die staatliche Denkmalpflege eine unersetzliche Quelle bei der Inventarisation der archäologischen Geländedenkmale. Nur in enger Kooperation ist es möglich, die Vielzahl der Quellen im Bodenarchiv unseres Landes zu erfassen und dadurch zu sichern.

Im Jahre 2001 bot sich die günstige Gelegenheit, den Charakter der Fundstelle am Huneberg im Rahmen der Prüfungsgrabung des angehenden Grabungstechnikers F. Hirschfelder näher zu erkunden. Die feintopographische Vermessung des Geländes im Vorfeld der Maßnahmen bildete die vermessungstechnische Grundlage für die weiteren Maßnahmen. Dank der Unterstützung durch das Institut für Geophysik der TU Clausthal (Prof. Dr. A. Weller) und das Institut für Geowissenschaftliche Gemeinschaftsaufgaben Hannover (Prof. Dr. R. Schulz) war eine intensive geophysikalische Erkundung des gesamten Areals vor Beginn der Grabungen möglich. Messungen im Rahmen von Studentenpraktika, Schülerwochenenden und zur Schulung vietnamesischer Geophysiker erlauben einen beispielhaften Einblick in den Untergrund.

So ausgerüstet, konnte die Sondierungsgrabung 2001 gezielt angesetzt werden.



 Wegespuren der "Ellricher Straße" über dem Schmelzplatz Huneberg


Direkt unter der Bewuchsdecke wurden die ersten Befunde freigelegt. In den Grabungsschnitten zeigten sich dichte Bündel von Ost – West ausgerichteten Wagenspuren der  „Ellricher Straße“. Sie stellte eine alte Verkehrsverbindung aus dem Nordharzgebiet Richtung Braunlage – Ellrich und weiter in den Südharz dar. In alten Karten lässt sich diese Straße gut erkennen. Erst in der Mitte des 19. Jh. wurde diese Strasse durch die B 4 am Radauberg abgelöst. Der Trassenabschnitt im Bereich des Hunebergs wurde bedeutungslos.


Schmelzofen, in den brettergedeckter Kanal führt sowie Schlackenabstichrinne


Das Umfeld des schon früher erkannten Ofens wurde großflächig freigelegt. Zu der anfänglich lokal konzentriert erscheinenden Steinsetzung zeigt sich jetzt eine technisch komplizierte Anlage. Südlich des Ofens befindet sich ein Luftkanal, von der Lage her wahrscheinlich auf ihn bezogen. Nach Norden schließt sich vom Ofen ausgehend ein knapp 10 m langes Gerinne an der Aufbereitung des Schmelzguts im Zusammenhang stehen muss. Im Süden hinter dem Ofen liegen auf den Laufschichten konzentriert Holzfragmente und Baumrinde in hervorragender Erhaltung. Zu deuten sind sie vermutlich als Reste eines eingebrochenen Schutzdachs für die Schmelzer hinter dem Ofen. Die Bestimmung der verschiedenen Holzarten erlaubt einen Blick in den Harzwald vor 800 Jahren, aber auch auf dessen gezielte Nutzung.

 Im äußersten Norden der Grabung zog eine aus zwei Bauteilen bestehende Grube über eine längere Zeit die Aufmerksamkeit auf sich. An eine mit unterschiedlichen Schichten verfüllte runde Grube schloss nach Norden ein schmalerer, unten waagerecht begrenzter „Anbau“ an. Nur in diesem Anbau waren Laufschichten zu beobachten. Die erstgenannte runde Grube zeigte dafür an ihrer oberen Begrenzung Abdrücke im Boden, die als Balkenauflagen zu deuten sind. An der Basis dieser Grube lagen die Reste von zwei Balken. Erst das Ausschlämmen der unteren Verfüllung der Grube brachte jedoch die Lösung: Es wurden mehrere Strünke von Farnkraut gefunden – die harten Überreste des  „Toilettenpapiers“ in dieser Zeit. Diese Gruben wurden zumindest zeitweilig als Kloake genutzt.


Rekonstruktionsversuch der Hütte am Huneberg


Mit der kompletten Ausgrabung des Schmelzplatzes bis Ende kommenden Jahres ergibt sich damit am Huneberg die Gelegenheit außer zu den technologischen Fragen nach der Verhüttung der Erze und der anschließenden Raffinationsprozesse auch auf spannende Fragen nach den Lebens- und Arbeitsumständen in dieser hochmittelalterlichen Schwermetallindustrie einige Antworten zu erhalten.

 

Eine Grabung ist eine Unternehmung, die nur in guter Partnerschaft zum Erfolg führt. Daher gilt unser besonderer Dank für vielfältige Unterstützung auf allen Ebenen:

 

Harzer Pflastersteinbrüche Telge & Eppers

Arbeitsamt Goslar

Nds. Forstamt Clausthal

Institut für Geophysik, TU Clausthal

Institut für Geowissenschaftliche Gemeinschaftsaufgaben, Hannover

und den vielen ungenannten Helfern

 

Friedrich-Albert Linke und Lothar Klappauf

 

 

Schlackenrecycling bei Erzmangel im 11./12. Jh.n.Chr.?

 

Vor allem auf der Clausthaler Hochebene findet sich eine Gruppe von Hüttenplätzen, die durch ihr grusartiges Schlackeninventar auffallen. Sie gehören meist in das 11. und 12. Jahrhundert und scheinen darauf hinzuweisen, dass in dieser Zeit ältere Sinterschlackenhalden der Blei- Silbergewinnung wieder aufgearbeitet wurden. Möglicherweise ist dieses Phänomen mit einem zeitweiligen Erzmangel zu erklären.

 

Grabung Hunderücken

Nach einem Sturm wurden vom Ehrenamtlichen Beauftragten für die Archäologische Denkmalpflege des Landkreises Goslar, E. Reiff, im Bereich der kurz zuvor begangenen Fundstelle an einem kleinen Seitenbach der Innerste südlich von Clausthal-Zellerfeld, im Wurzelteller eines umgestürzten Baumes Hinweise auf einen im Untergrund verborgenen Schmelzofen entdeckt und der Arbeitsstelle Montanarchäologie angezeigt. Die Gelegenheit wurde zu einer Prüfungsgrabung für den angehenden Grabungstechniker Dirk Hering genutzt und die entsprechenden Vorarbeiten wie feintopographische Vermessung und geophysikalische Prospektion durch das Nieders. Landesamt für Bodenforschung – Geowissenschaftliche Gemeinschaftsaufgaben – eingeleitet.



Die beiden Quellarme des kleinen Baches, an dessen Einmündung nach Osten hin in die Untere Innerste bereits Walter Nowothnig einen Unterlegstein von der Erzaufbereitung gefunden hatte, umschließen eine Halbinsel, die den geophasikalischen Befunden zufolge von Relikten früher Hüttentätigkeit überprägt ist. Entlang der Quellarme sind Schlackenhalden in dichter Reihe hintereinander aufgeschüttet. Dazwischen sind einzelne Plateaus erkennbar, auf einem dieser Plateaus war der umgestürzte Baum gestanden.

In der Grabung zeichneten sich deutlich zwei sich überlagernde Schlackengrushalden ab, die jüngere, Bachaufwärts gelegen, überlagerte ein waagrechtes Plateau, auf dem sich eine kleine Brandstelle, ursprünglich von einem Steinkranz eingefaßt, erkennen ließ. Anhand der in Clausthal entwickelten Feldanalysen konnte über dem Ofen eine gegenüber dem Umfeld um das 20-fache erhöhte Kontamination mit Blei und damit der Nachweis eines Ofens zur Bleigewinnung erbracht werden. Die einfache Konstruktion des Schmelzofens entspricht den von Tylecote beschriebenen Anlagen des Röst-Reaktions-Verfahrens, die von W. Brockner und C. Griebel durchgeführten Analysen des Schlackenmaterials deuten auf die Gewinnung von Blei/Silber aus Oberharzer Gangerzen. Der in den Halden auffallend häufig gefundene Schwerspat stammt aus der Gegend von Wildemann und könnte als Flußmittel gedient haben.

Im weiteren Umkreis des Ofens fanden sich zwei Glättröhrchen, die von dem an Ort und Stelle durchgeführten Treibprozeß zur Trennung von Blei und Silber herrühren. Die im Bereich des Schmelzplatzes und der bachabwärts liegenden zugehörigen Halde gefundene Keramik datiert die Hütte in die Zeit des frühen 11.Jhs.n.Chr. oder des ausgehenden 10.Jhs. n.Chr., wohingegen die den Schmelzplatz überlagernde und dadurch jüngere Halde in das 12. Jh.n.Chr. gehört

Wie die folgende Ausgrabung eines vergleichbaren Schmelzplatzes an der Lasfelder Tränke zeigt, sind diese Ergebnisse repräsentativ für eine Reihe von Schmelzplätzen.

 

Grabung Lasfelder Tränke

Jenseits des Berggrats, am dem der Schmelzplatz Hunderücken liegt, befindet sich in vergleichbarer Lage im Quellbereich eines nach SW zum Harzrand fließenden kleinen Baches, ein weiterer Schlackengrusplatz. Er liegt unweit der Lasfelder Tränke, einer kleinen Quelle und Raststation an dem von Badenhausen in das Innerstetal führenden Weg. In Badenhausen war bei Grabungen im Jahre 1983 zusammen mit dem Ehrenamtlichen Beauftragten für die Archäologische Denkmalpflege des Landkreises Osterode a.H., E. Reissner, der Nachweis einer Treibhütte des 10./11. Jhs.n.Chr. gelungen.



Nach der topographischen Feinvermessung der Fundstelle und der geophysikalischen Prospektion durch das NLfB Hannover konnte in den Grabungen eine bisher einzigartige Konstruktion im Bereich des kleinen Bachlaufes freigelegt werden, die als Schlämm- oder Waschanlage interpretiert werden muß. Der Bachlauf wird über einen künstlichen Graben mit einem Sperrwerk in ein Becken mit Überlauf geleitet. Diese Anlage diente vermutlich der Aufbereitung von Erz. Sie kann anhand der Keramikfunde in die Jahrzehnte um 1000 n.Chr. datiert werden und wird von jüngeren Schlackengrushalden überlagert, die in das 12. Jh.n.Chr. gehören.

 

Mit den beiden Schmelzplätzen am Hunderücken und an der Lasfelder Tränke scheint ein repräsentativer Fundstellentyp erfaßt worden zu sein. Seine Verbreitung beschränkt sich auf ein eingrenzbares Gebiet, das aus dem südwestlichen Harzvorland um Badenhausen und die ottonische Münzstätte Gittelde erschlossen wird. Noch unklar ist die jeweils beobachtete jüngere Nutzungsphase, in der wir eine Wiedernutzung, vielleicht ein erneutes Aufschmelzen der noch recht metallreichen Schlacken, sehen möchten. Dieses „Schlackenrecycling“ könnte sich in den historischen Quellen bei der Erwähnung von „Schlackenhütten“ verbergen.